Was Sie tun können, wenn das Finanzchaos ausbricht

Was die WELT zum Thema Krisenabsicherung schreibt ist sehr interessant, und zeigt das dieses Thema schon lange keines mehr nur für Insider ist.

Zitat: Die Ergebnisse des Brüsseler Gipfels können Krisen-Hysteriker nicht beruhigen. Auf den großen Crash bereiten sie sich mit Flucht, Waffen oder Bunker vor. Schwarz, hart, stark. 200 Kilo Stahl, Elektronikschloss, Sonderlackierung. Mit Widerstandsgrad II schützt der “Wien 4” seinen Inhalt zuverlässig gegen alles, was von außen kommt. Panzerknacker, Feuersbrünste, Finanzkrisen. Was hinter der dreiwandigen Tür des kühlschrankgroßen Tresors verschwindet, ist erst mal sicher. Und Sicherheit ist in diesen Tagen alles.

M. Lengemann
FOTO: M. LENGEMANNZerknitterter 10-Euro-Schein. Die Seriennummer beginnt mit einem “Y”: Das bedeutet, die Banknote wurde von der griechischen Zentralbank ausgegeben. Ist das ein schlechtes Zeichen?

“Seit Beginn der Finanzkrise boomt es bei uns wie verrückt”, sagt Michaela Hartmann. Seit über 20 Jahren führt sie mit ihrem Mann Thies in Hamburg ein Tresorgeschäft. Doch nie rannten ihnen die Kunden so die Türen ein wie in den letzten drei Jahren. Wandtresore, Bodentresore, Möbeltresore, Waffenschränke. Die Umsätze wachsen jährlich um 15 bis 25 Prozent. Kunden betreten das Geschäft unweit der Außenalster und haben es eilig. “Ich brauche einen feuersicheren Tresor, und zwar möglichst schnell”, sagen sie.

Und Michaela Hartmann ahnt, dass da wieder einer bei seiner Bank war und jetzt einen Batzen Geld zu Hause liegen hat. Andere verlangen Uhrenschwenker, die teure Automatikuhren auch hinter Schloss und Riegel in Bewegung halten. Welche Werte die Hamburger in diesen Tagen einlagern, kann Hartmann an den Sicherheitsstufen ablesen, die verlangt werden. Wenn sie einen Safe der Stufe II anbietet, dessen Inhalt für 100.000 Euro versichert ist, sagt manche Kundin leise: Eine halbe Million komme der Sache wohl näher.

Hamburg bunkert. Deutschland bunkert. Europa bunkert. Merkel und Sarkozy streiten noch über die Rettung des Euros. Doch unter den Hysterikern im Lande lautet die Frage längst: Wie rette ich mich selbst? Wer den Untergang der Währung, der Wirtschaft, des Abendlandes vor Augen hat, versucht, seine Schäfchen ins Trockene zu bringen. Geldschränke, Sachwerte, Übersee. Niemand weiß, wo es noch sicher ist.

Finanzmigration

Panik beginnt als schleichender Prozess. Britische Finanzanalysten untersuchten vor einigen Tagen anhand historischer Beispiele, was passiert, wenn eine Währungsunion zerbricht. “Es muss nicht im Desaster enden”, stellte Gabriel Stein, Direktor der Londoner Lombard Street Research fest. “Aber so wie es in Europa gemacht wird, wird es desaströs.

Zu den typischen Begleiterscheinungen des Zusammenbruchs einer Währungsunion zählt laut Stein die Kapitalflucht aus angeblich schwachen in scheinbar starke Länder. Und die sei in vollem Gange. Griechen lösen ihre Sparkonten auf und nähen ihr Geld entweder in die Matratze ein oder schaffen es zu deutschen Banken. Die Griechen glauben, in Deutschland seien ihre Ersparnisse sicherer – wir aber wissen es besser. Immer häufiger sind in der Redaktion Kollegen dabei zu beobachten, wie sie sich am Computer zu norwegischen Staatsanleihen durchklicken und in eine finanziell stabilere Welt träumen.

Andere ziehen neuerdings mit zittrigen Fingern ihre Geldscheine aus dem Portemonnaie und halten sie ganz nahe vor die Augen. Weil Stein in seiner Analyse nämlich auch erwähnt hat, dass jede Euro-Note einen nationalen Marker trägt. Beginnt die Seriennummer mit X, ist das ein schöner Schein, denn er wurde in Deutschland gedruckt. Hohngelächter erntet hingegen, wer eine Y-Note zückt. Oh Gott, Griechenland! Was für ein Humbug? Die Angst vor dem Y-Schein, der bald zur Drachme verkommen könnte, ist noch ein harmloser Fall von Krisen-Paranoia.

Beginn der Post-Bankära

Am Tag, an dem der Euro fällt, das erwähnt Stein nur so am Rande, können Sie ihre Bank vergessen. “Die Onlinebanking-Webseiten werden sich schwarz färben”, malt er aus. Eine Aussicht, die Hysteriker nicht mehr schrecken kann. Die meisten haben ihren Glauben an die Banken schon lange verloren, das zeigen nicht nur die Hartmannschen Tresorverkäufe. Alles, was man nur auf dem Papier besitzt, gilt als tendenziell wertlos.
Notenpressen
FOTO: WELT ONLINE INFOGRAFIKHier werden die Euro-Banknoten gedruckt

Stattdessen: Gold, Edelsteine, 50 Jahre alte Porsche oder kasachischer Mischwald. Spekulanten in Endzeitstimmung kaufen rund um den Globus alles auf, was irgendwie nach alten Werten klingt. Sie zahlen dafür inzwischen derart aberwitzige Preise, dass sie ihre Münzen wahrscheinlich genauso gut einfach einschmelzen könnten.

Die Kupferpreise sind ja schon lange durchs Dach. Warum nicht in eine Münzschmelze investieren? Selbst auf der Zocker-Plattform Zerohedge.com wird diskutiert, was heute überhaupt noch als Realwert zu bezeichnen ist. Die überzeugendste Antwort formuliert ein Blogger so: “Die Daumenregel lautet: Wenn Du davor stehen und es mit einem halb automatischen Gewehr verteidigen kannst, dann ist es real.”

Zigarettenwährung

Manchmal blitzt es bei Siegmar Karkowski noch mal auf. Das Markstück. Silbern schlicht, hinten der Adler, vorn die Eichenblatt-umspielte Eins. Karkowski, 70, ist Inhaber eines Tabakladens im schleswig-holsteinischen Pinneberg. Karkowski verkauft Zigaretten, Zeitschriften und Kaugummis.

Ersatzwährung
FOTO: DAPD/DAPDZigaretten sind eine vergleichweise sicherer Währung

Und er akzeptiert noch die D-Mark. Fünf, sechs Mal die Woche zählt ein Kunde mit feierlicher Miene das altvertraute Münzgeld auf den Tisch. Alt, aber immer noch zahlungskräftig. In letzter Zeit, sagt Karkowski, schauen die Kunden dabei immer unglücklicher drein, denn herausgegeben wird in der neuen Euro-Blechwährung. “Aber Sie müssen daran denken”, warnt der Tabakhändler, “auch die alten D-Mark-Bestände sind nichts mehr wert, wenn der Euro wegfällt.”

Wesentlich wertstabiler sind die Bestände hinter Karkowskis Rücken. Marlboro, John Player, Pall Mall. Als Karkowski anfing, kostete eine Packung eine Mark – heute steht sie bei fast zehn Mark. “In der Nachkriegszeit”, erinnert der 70-Jährige, “waren Zigaretten wie eine Währung. Wer von Besatzungssoldaten welche zugesteckt kriegte, konnte dafür zum Beispiel Lebensmittel eintauschen.” Was spricht dagegen, dass es wieder so kommt? Heute kaufen viele Kunden lieber gleich ein, zwei Stangen.

Geraucht wird immer. “Zigaretten sind problemlos mehrere Jahre lang haltbar”, beruhigt der Pinneberger, dessen Sohn Tim, 26, das zukunftsträchtige Geschäft übernimmt. “Wenn Sie einen Vorrat anlegen wollen, sollten Sie aber nur geschlossene Packungen horten. Geöffnet trocknen die Zigaretten schnell aus.” Noch sagt er das mit einem Augenzwinkern. Doch wenn es hart auf hart kommt, sind solche Tipps Gold wert.

Selbstversorgung

Was aber macht ein Raucher, wenn der Euro fällt? Um auf zwei Schachteln am Tag zu kommen, braucht er viele Lebensmittel zum Tauschen, und die Familie will ja auch etwas zu beißen haben. Nur zu verständlich, dass es in Deutschland eine rasch wachsende Selbstversorgerszene gibt. In Internetforen diskutieren die Pioniere der “Permakultur” über Dreschmethoden, Lehmbacköfen, Handpumpen und Kleinkläranlagen. Für den Gewächshaus-Eigenbau wird ein Wellpolyesterdach empfohlen.

 

Selbstversorgung
FOTO: DPA/DPAWer ganz sicher gehen will, setzt auf den eigenen Acker

Zur Ernährung einer vierköpfigen Familie, so Erfahrungsberichte, habe sich eine Fläche von 3,5 Hektar bewährt. Strauße seien trotz der großen Eier nicht empfehlenswert, wirft eine Sabine in die Diskussion ein, weil sie keine Nässe vertragen, aber auch “an alten Rindersorten ist nichts dran, fleischmäßig”.

Mehrere Hunderttausend Deutsche, schätzt Manfred Eidelloth, 34, Nebenerwerbslandwirt und einer der Betreiber der Website selbstvers.org, beschäftigen sich mit dem Thema. Betreiben eine Kleintierzucht, imkern, bauen ihr eigenes Gemüse an. Einige wenige leben tatsächlich fast autark. Die Selbstversorger, ursprünglich eher weltanschaulich motiviert, hätten in letzter Zeit viel Zulauf bekommen von Leuten, die die Angst vor dem ökonomischen Zusammenbruch treibt.

Doch um den kompletten Nahrungsbedarf selbst zu decken, weiß Eidelloth, “ist es mit etwas Salat nicht getan”. Auch Kartoffeln weisen eine zu geringe Energiedichte auf, ein erwachsener Mann müsste täglich über 3,5 Kilo davon essen. “Sie kommen an Tierhaltung nicht vorbei, und die braucht Fläche.” Ebenso die Energieversorgung. Allein um ein Niedrigenergiehaus zu heizen, müsse man schon einen Hektar Wald sein Eigen nennen.

In Städten wird es eng

Selbst eingefleischte Städter versuchen sich im Gemüseanbau. In Metropolen bilden sich Urban-Gardening-Guerillas, die innerstädtischen Brachflächen Essbares abzuringen versuchen. In diesem Sommer karrten Selbstversorger drei Betonmischer voll Muttererde auf ein Parkdeck mitten im Hamburger Rotlichtstadtteil St. Pauli, um dort zu gärtnern. Sie ernteten viel Medieninteresse, aber auch Kartoffeln, Salat und Mais.

So könnte man vieles, was heute noch unter Freizeitgestaltung läuft, genauer betrachtet als eine unbewusste Vorbereitung auf den Ernstfall sehen. Im Jahr 2001 wurden in Deutschland 100.000 Geländewagen zugelassen, 2010 Jahr waren es 295.000, und die ersten Monate dieses Jahres lagen 33 Prozent über Vorjahr. Im Moment fährt die Zahnarztgattin in ihrem Zweieinhalbtonner nur das Bobbycar des Nachbarkinds platt. Doch wenn das große Chaos ausbricht, kann sie auf die Rundumschließe drücken und sich zu ihrem Landhaus durchschlagen.

Einbunkern

Solche Endzeitszenarios sind natürlich vollkommen aus der Luft gegriffen. Trotzdem lebt Karl Hillinger sehr gut davon. Der 54-Jährige ist Inhaber des SEBA Selbstschutzzentrums im österreichischen Gmunden und verkauft Bunker. Ein Geschäft, das in der Vergangenheit von Atomkriegs- oder Terrorangst getrieben wurde. Doch die Panik auf den Finanzmärkten schlägt alles. Mit Beginn der Krise sind Hillingers Umsätze um 25 Prozent gewachsen. “Besonders gefragt ist der Grundschutzraum mit 30 Zentimeter dicken Stahlbetonwänden und eigener Luftversorgung. Strahlungssicher. Er schützt vor fast allem, außer vor einem nuklearen Volltreffer.”

Hillinger verkauft viel in arabische Staaten, doch jeder fünfte Bunker geht nach Deutschland. Extrem groß sei hier auch die Nachfrage nach Lebensmittel-Notrationen. Das 90-Tage-Paket mit 114 500 Kalorien zum Beispiel geht für 890 Euro in die Post und ist auch in 15, 20 Jahren noch genießbar, sagt Hillinger. “Das ist also auch eine Art Wertanlage.”

Bewaffnung

In den USA heißt die Antwort auf Bedrohungen seit je: Samuel Colt. Am Black Friday, dem traditionellen Auftakt des Weihnachtsgeschäfts gaben die Amerikaner in diesem Jahr an einem Tag 52 Milliarden Dollar aus. Und was war der Verkaufsschlager? Waffen. 129.166 legale Waffenverkäufe an Privatkunden registrierte das FBI, ein neuer Rekord. 47 Prozent der US-Haushalte vertrauen beim Thema Besitzstandswahrung mittlerweile auf ihre Neun-Millimeter.

Schusswaffen
FOTO: DDP/DDPAuch die Deutschen haben ein ansehnliches privates Waffenarsenal

Ha, ha, ha, Amerikaner und ihr Waffenfetisch! Dagegen gibt’s in Deutschland doch das Waffengesetz. Denkt man sich. Dennoch befinden sich hierzulande zehn Millionen Schusswaffen im Privatbesitz. Illegale Kanonen eingerechnet, schätzen Experten das private Arsenal auf stolze 30 Millionen. Keine schlechte Quote bei 40 Millionen Privathaushalten. Legal eine Waffe besitzen dürfen etwa Sportschützen – und Jäger.

“Das Interesse hat enorm zugenommen. Allein in den vergangenen Jahren hat sich die Zahl der Jungjäger in unserer Kundenkartei verdoppelt”, heißt es beim Marktführer für Jagdbedarf, der Otto-Tochter Frankonia. 350.000 Jagdscheinbesitzer gebe es heute in Deutschland, mehr als je zuvor.

Sie decken sich ein mit lodengrüner Outdoorkleidung, Gewehren und Pistolen. Das Geschäft läuft so gut, dass Frankonia in den vergangenen zwei Jahren vier neue Filialen eröffnete, im Frühjahr werden es dann insgesamt 23 sein. Ein Vorteil von Waffenbesitz ist natürlich, dass er die Bedürfnisse nach Schutz und Nahrung gleichermaßen befriedigen kann. Der jährliche Pro-Kopf-Verzehr von Wild in Deutschland ist mit 900 Gramm noch eher gering. Doch wenn der Euro fällt, wird ihm manches Reh folgen.

Flucht

Machen wir uns nichts vor: Deutschland ist ein dicht besiedeltes Land. Auch die fetteste Kuhweide ist auf Dauer nicht wirkungsvoll zu verteidigen, wenn rundherum alles in Trümmern liegt. Europa ist nicht mehr sicher – aber wie hier wegkommen ohne Geld?

Anruf bei Canair Flight Training: Der Chef hat keine Zeit, zu viele Flugschüler. Aber Mitarbeiterin Annika Sudeck beantwortet schnell ein paar Fragen. “Wir hatten in diesem Jahr etwa 60 Prozent mehr Anmeldungen für den Privatpilotenschein”, sagt sie. Ärzte, Geschäftsleute, aber auch normale Büroangestellte wollen plötzlich in Scharen fliegen lernen. “Um sich einen Traum zu erfüllen und größere Unabhängigkeit zu erlangen”, glaubt Sudeck. Die so genannte PPL-A-Lizenz zu erwerben, dauert etwa ein Jahr und kostet 12.000 Euro. Geübt wird mit einer Cessna 172. Mit dem Lappen dürfen Privatjetbesitzer auch ins außereuropäische Ausland fliegen.

Kontrollanruf bei der Wassersportbranche: Die Yachtbauer, sagt Jürgen Tracht vom Verband BVWW, wurden in der Finanzkrise schwer gebeutelt. Ausgelastet sind nur noch Werften, die sich auf Hochseeyachten von über 80, 90 Meter Länge spezialisiert haben. Der russische Milliardär Roman Abramowitsch, auch erst in seinen 40ern, holte unlängst in Hamburg seine 115-Meter-Yacht “Luna” ab, angeblich mit moderneren Waffensystemen ausgestattet als die Bundesmarine. Ist das noch spätrömische Dekadenz? Oder schon die Vorbereitung für einen Exodus aus Festlandeuropa?

Die nächste Generation

Selbst mein vierjähriger Sohn ist schon fixiert auf Naturalwerte: Holz, Edelsteine, seltene Erden. Auch die Hosentaschen seiner Kita-Kumpanen sind ausgebeult von solchen Fundstücken. Und es ist wohl kein Zufall, dass auf dem Titel des Playmobil-Weihnachtskatalogs eine Schatzinsel beworben wird, mit Höhle und “magischen Münzen”. Die Bunkermentalität ist schon unter Kindergartenkindern erschreckend. Da ist es an der Zeit, dass Eltern gegensteuern. Was nützt der schönste Goldschatz, wenn man ihn nicht verteidigen kann? Mein Sohn jedenfalls bekommt ein Laserschwert. Zitat Ende

QUELLE: www.welt.de

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Schotti
17 August, 2012 16:37

Die Perspektiven sind übel, aber es gibt natürlich Möglichkeiten zu agieren.